Immer mehr Auftraggeber fordern Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibungen. Doch die Praxis zeigt: Kriterien sind oft unscharf, schwer messbar oder wirken wie eine reine „Beilage“. Damit Nachhaltigkeit echte Wirkung entfalten kann, braucht es einen klaren und praxisnahen Rahmen.

1. Nachhaltigkeit als Kernelement – nicht als Zusatz

Nachhaltigkeitskriterien dürfen nicht nur am Ende einer Ausschreibung erscheinen. Sie sollten bereits in der Projektdefinition und Leistungsbeschreibung verankert sein. So wird verhindert, dass ökologische oder soziale Aspekte als „optionale Zusatzleistung“ behandelt werden.

2. Klare, messbare Kriterien

Unklare Formulierungen führen zu Interpretationsspielräumen und erschweren die Bewertung. Auftraggeber sollten auf überprüfbare Indikatoren setzen – etwa den CO₂-Fußabdruck über den Lebenszyklus, den Anteil an Recyclingmaterial, Energieeffizienz oder transparente Arbeitsbedingungen.

3. Gewichtung mit Relevanz

Nachhaltigkeit sollte ein echtes Zuschlagskriterium mit spürbarem Gewicht sein – nicht nur ein symbolischer Faktor. Eine klare Gewichtung signalisiert, dass Nachhaltigkeit gleichberechtigt neben Preis und technischer Qualität steht.

4. Lebenszyklusdenken statt Baukostenfokus

Die günstigste Lösung im Bau ist nicht immer die nachhaltigste im Betrieb. Ausschreibungen sollten deshalb Total-Cost-of-Ownership berücksichtigen: Bau, Betrieb, Wartung und Rückbau. So werden langfristig nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile sichtbar.

5. Einheitliche Standards und Transparenz

Einheitliche Vorgaben erleichtern Bietern die Vorbereitung und sichern Vergleichbarkeit. Transparente Bewertungsmethoden schaffen Vertrauen und Nachvollziehbarkeit.

🔎 Konkret: Wie könnte eine ideale Integration von ESG-Kriterien aussehen?

Mindestanforderungen

Die Basis bilden etablierte Umweltmanagementsysteme wie:

  • ISO 14001 als Standard für systematisches Umweltmanagement,
  • der Nachweis über UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung),
  • Einsatz von Recyclingbaustoffen.

So entsteht ein verlässlicher Rahmen, auf dem Auftraggeber und Bauunternehmen aufbauen können.

Zuschlagskriterien mit ESG-Relevanz

a) Maschinen, Materialien, Transporte

  • durchschnittliche Transportwege der Hauptmaterialien,
  • Recyclinganteil bei Beton, Schotter oder Stahl,
  • Anteil emissionsarmer Maschinen auf der Baustelle.

b) CO₂-Reduktion im Bauprozess

  • Energieversorgung mit Grünstrom, PV-Anlagen, Batteriespeichern,
  • Lean Construction & BIM zur Vermeidung von Doppelarbeiten,
  • energieeffiziente Infrastruktur (z. B. LED-Scheinwerfer mit integriertem Bewegungsmelder),
  • Wasser- und Abfallmanagement durch Recycling und effiziente Pumpensysteme,
  • leichte, energieeffiziente temporäre Einrichtungen (z. B. Schalungen, Heiz-/Kühlsysteme mit Wärmerückgewinnung).

ESG-Integration in die Gesamtprüfung

Interdisziplinäre Expertenteams – etwa Beratungsunternehmen wie FCP – übernehmen hier eine Schlüsselrolle. Sie können:

  • Nachhaltigkeitsziele frühzeitig erfassen,
  • in konkrete, überprüfbare Kriterien übersetzen,
  • CO₂-Bilanzen und Einsparpotenziale quantifizieren,
  • Maßnahmen auf technische, wirtschaftliche und ökologische Plausibilität prüfen,
  • sowie Best Practices (z. B. von ASFINAG oder ÖBB) einbringen.

So entsteht ein Gesamtbild, das ökologische, ökonomische und technische Anforderungen zusammenführt – und Innovation fördert.

 Fazit

Nachhaltigkeit bei Infrastrukturprojekten ist kein „nice to have“, sondern ein Fundament für zukunftsfähige Bauvorhaben. Entscheidend ist, dass sie frühzeitig, konkret und überprüfbar in Ausschreibungen und Verträge integriert wird.

Die ideale Integration bedeutet: klare Kriterien, echte Gewichtung und konsequenter Lebenszyklusblick. Nur so schaffen wir Infrastruktur, die nicht nur gebaut, sondern verantwortungsvoll gestaltet ist – ökologisch, sozial und wirtschaftlich.